Expertenmeinung: Neue Technologien und Teamarbeit
Die Physiotherapieausbildung hat sich stark verändert: Die ursprüngliche Grundausbildung über das Rote Kreuz wurde 2002 zur FH-Ausbildung und schliesst seit 2006 mit einem Bachelor ab. Der Inhalt hat sich aber ungeachtet des Rahmens immer den technischen Fortschritten angepasst. Während vor 15 Jahren noch die Verwendung diadynamischen Stroms gelehrt wurde, wird man in Zukunft gewiss darauf vorbereitet, Elektrostimulationsvorrichtungen über das Smartphone zu steuern.
Die Technologie ist allgegenwärtig. Ein (relativ) einfacher Gerätepark ermittelt Dysbalancen und führt isokinetische Messungen durch, was früher nur mit dem Cybex- oder Kintrex-Gerät möglich war. Zudem sind solche spezifischen Geräte fünf- bis zehnmal günstiger geworden.
Vor 15 Jahren blieben die Patienten nach einem Kniegelenk- oder Hüftgelenk-Totalersatz mehr als zehn Tage in der Akutpflege und zwei bis drei Wochen in der Rehaklinik. Heute ist der Aufenthalt im Spital nur noch halb so lang und jener in der Rehaklinik gegenüber der Krankenkasse immer schwieriger zu rechtfertigen, obschon sich die Anforderungen an die Gehfähigkeit und die Gelenkbeweglichkeit nicht verändert haben. Patienten, die in die Rehaklinik eintreten, sind deshalb allgemein in einem schlechteren Zustand als vor 15 Jahren. Die Physiotherapeuten müssen sich anpassen und dürfen die Patienten nicht mehr nur durch die «Physio-Brille» betrachten. Echte Teamarbeit ist unablässig geworden.
Aber eines ist in dieser ganzen Zeit gleich geblieben: die manuelle Behandlung. Wir unterstützen die Patienten dabei, sich besser und schneller zu rehabilitieren und chronische Schmerzen zu lindern. Die Techniken und Instrumente entwickeln sich laufend weiter und auch die Weiterbildungsmöglichkeiten zwingen uns, nach vorn zu blicken. Zudem geht der aktuelle Trend hin zu mehr Verantwortung für die paramedizinischen Berufe. Dies wertet unsere Arbeit auf, die früher lediglich darin bestand, die Anweisungen der Ärzte zu befolgen.
Sébastien Gattlen, Physiotherapeut
Sébastien Gattlen schloss 2009 die Physiotherapie-Schule in Leukerbad ab und war danach in der Praxis Medsport und in der Clinique de Valère in Sion tätig. 2013 übernahm er in dieser Klinik die Leitung der Physiotherapie und wurde Vorstandsmitglied bei physiovalais-wallis. Heute ist er Präsident des Verbandes und bringt berufliche, gesellschaftliche und als Gemeinderat von Sion auch politische Tätigkeiten unter einen Hut.